Das Familienstellen nach Hellinger im Umriss
Das Familienstellen nach Hellinger setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen, die auch für sich allein stehen könnten. In erster Linie wären die Ordnungen und die sogenannte „phänomenologische“ Vorgehensweise zu nennen, auch die „Dynamiken, die zu Krankheit und Tod führen“. Hinzu kommen verschiedene einzelne Elemente, etwa die „Wiederaufnahme der unterbrochenen Hinbewegung zur Mutter“ oder Hellingers Einsichten in die Funktion des Gewissens.
Bei den Ordnungen, die (Hellinger zufolge) in menschlichen Systemen wie Naturgesetze wirken, handelt es sich um das „Recht auf Zugehörigkeit“, die „Rangfolge nach der Dauer der Zugehörigkeit“ sowie den „Ausgleich von Nehmen und Geben.“ 1
Hellingers Konzept besagt: Werden diese Ordnungen verletzt, gerät also das System in Unordnung, kommt es zu Konflikten und Problemen. Wenn jemandem die Zugehörigkeit aberkannt wird, wird er später von einem anderen Mitglied des Systems unbewusst vertreten:
Ein Enkel ist dann mit einem Großvater, der nicht geachtet wird, „verstrickt“ und wiederholt dessen Schicksal. Wird der „ausgeschlossene“ Großvater mit seinem Schicksal in der Aufstellung gesehen und anerkannt, löst sich die Verstrickung.
Hellinger betonte, dass diese Ordnungen nicht erfunden seien, sondern gefunden würden:
„Ordnung ist etwas Vorgegebenes. Ein Baum zum Beispiel entfaltet sich nach einer Ordnung. Die ist ihm vorgegeben. Er kann aus dieser Ordnung überhaupt nicht herausfallen. Auch ein Mensch entwickelt sich nach einer gewissen Ordnung. Und menschliche Systeme entwickeln sich auch nach einer gewissen Ordnung. Die ist vorgegeben.“ 2
Hierin liegen zwei wesentliche Informationen. Erstens: Die Ordnungen, von denen er ausgeht, sind nicht beschränkt auf menschliche Systeme. Sie betreffen alle Lebewesen, und zwar als Einzelwesen, als Gruppen oder ganze Gattung. Sie sind eine Art kosmisches Gesetz.
Zweitens: Die Ordnungen haben nichts mit einer „Weltsicht“ zu tun. Sie sind keine Ideologie, sondern eine überprüfbare Tatsache. Das Medium, in dem die Ordnungen für jeden sichtbar werden, ist das Familienstellen.
Normalerweise geschieht das allmählich, dass sich eine ungeordnete Aufstellung zu einer geordneten, für alle Beteiligten guten entwickelt. Einmal, als ein Teilnehmer seine Familie aufstellte, standen all ihre Mitglieder beziehungslos im Raum, kreuz und quer. Hellinger überlegte kurz und sagte: „Ich stelle einfach mal die Ordnung auf“. Er stellte Vater und Mutter nebeneinander und ihre Kinder ihnen gegenüber, in einer Reihe nach dem Alter. Dann fragte er jeden Stellvertreter: „Wie ist es jetzt für dich?“ Die Antwort war jedesmal „gut“ oder zumindest „besser als vorher“. Hellinger hatte hier in Kurzform demonstriert, was auch reguläre Aufstellungen regelmäßig bestätigen: Wenn Mitglieder eines Systems sich der Ordnung gemäß erleben, ist es wohltuend für alle.
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1 Die Ordnungen sind in der Literatur zum Familienstellen vielfach beschrieben, beispielsweise in Gehrmann/Steinbach 2014 (2025), Sn. 115-129
2 Hellinger im Interview, Berlin 1995.