Wenn man Wikipedia glauben will, „gilt“ seit etwa 20 Jahren, dass Bert Hellinger beziehungsweise seine Arbeit „umstritten“ seien. Nota bene: Das harmlos wirkende Wörtchen „gelten“ hat etwas mit „gültig sein“ zu tun. Das heißt: es ist amtlich, darauf kann man sich verlassen. Kann man das?

Was heißt denn „umstritten“? Zunächst nur, dass es kontroverse Meinungen gibt: Der eine sagt dies, der andere sagt das. Nichts genaues weiß man nicht. Was übrig bleibt, ist der Verdacht, dass es sich um eine zweifelhafte Person und Methode handele. Jemanden als „umstritten“ darzustellen ist nicht nur viel bequemer, als überprüfbare Argumente vorzulegen, es ist auch viel wirkungsvoller:
„‘Umstritten’ ist das vernichtendste Wort, was man über einen Menschen sagen kann,“1 sagte der Theologe Ralf Frisch, dem man dieses Etikett ebenfalls anhängen wollte. Gegen diesen Anschlag, einen Menschen als zweifelhaft darstellen, kann man sich nicht wehren. Wenn ich von jemandem sagen würde: „Der ist doch umstritten!“, und ein Anderer würde entgegnen: „Das ist er gar nicht!“, könnte ich kontern: „Das ist er doch!“ Schon wäre der Streit im Gange, und damit wäre bewiesen, dass der andere umstritten ist. Und hat man erst einmal die Person in Misskredit gebracht, hat man seine Arbeit, seine Erkenntnisse und seine Lehren gleich mit erledigt!
Doch abgesehen von dem Anwurf, Hellinger sei umstritten, gab es auch im Einzelnen Vorwürfe gegen Bert Hellinger und seine Arbeit. Sie kamen vor allem von zwei Seiten: von ideologisch motivierten Publizisten (für mich sind es „Links“-Faschisten) sowie von führenden Vertretern (und zahlreichen Mitläufern) der konstruktivistisch orientierten Systemischen (Familien-) Therapie. Insbesondere in den Jahren 2002 bis 2005 spielten sich beide Parteien die Bälle zu und zitierten sich gegenseitig.
Ich habe lange Zeit darüber nachgedacht, was diese beiden Gruppen verbindet, und bin zu dem Schluss gekommen: Es ist der Atheismus, die Religions-Feindlichkeit! Bei den politischen Ideologen findet man direkte Verbindungen zu atheistischen Organisation und Medien. Bei den Psychotherapeuten gehört es zur Tradition. Hellinger selbst schrieb: „Die Psychotherapie weiß sich von ihren Ursprüngen her der Wissenschaft und Aufklärung verpflichtet und steht daher den überkommenen Religionen kritisch gegenüber“. Ihm war aber auch bewusst, „dass manche psychotherapeutische Schulen der Religion, die sie überwinden wollten, selber ähnlich wurden.„2